Gesundheit heute

Blinddarmentzündung

Akute Blinddarmentzündung (Appendizitis): Akute Entzündung des Wurmfortsatzes (Appendix vermiformis), also des blind endenden ersten Dickdarmabschnitts im rechten Unterbauch (Blinddarm). Sie tritt besonders häufig im Kindes- und Jugendalter auf. Um einen lebensgefährlichen Blinddarmdurchbruch zu verhindern, wird der Wurmfortsatz rasch operativ entfernt. Aus diesem Grund wurden früher, als es noch keinen Bauchultraschall gab, viel zu viele vermeintliche Blinddarmentzündungen operiert, die häufig nur harmlose Nabelkoliken waren. Die Operation ist heute sicher und risikoarm.

Wenn von Blinddarmentzündung gesprochen wird, ist immer die akute Blinddarmentzündung gemeint. Von dieser abzugrenzen ist die chronische Blinddarmentzündung, bei der wiederholt leichte, akute Blinddarmentzündungen auftreten, die aber spontan wieder heilen. Trotzdem kann es durch die entzündlichen Sekrete zu Verklebungen und Verwachsungen im rechten Unterbauch und dadurch zu Einengungen und Verwachsungen des Wurmfortsatzes mit der Bauchdecke kommen, was die Gefahr eines späteren mechanischen Darmverschlusses erhöht.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Beginn der Schmerzen typischerweise in der Magengegend oder um den Bauchnabel, erst nach einigen Stunden wandert der Schmerz in den rechten Unterbauch
  • Dumpfer lokaler Druckschmerz im rechten Unterbauch
  • Appetitlosigkeit
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Leichtes Fieber (~ 38 °C), typischerweise ist das rektale Fieber deutlich stärker als das unter der Achsel gemessene, Temperaturdifferenz mindestens 1 °C.

Hinweis: Bei Säuglingen lassen sich naturgemäß die typischen Beschwerden nicht feststellen, bei Schwangeren können sie völlig falsch gedeutet werden und bei älteren Menschen sind sie oft nur gering ausgeprägt.

Wann in die Arztpraxis

Heute noch, wenn

  • Schmerzen im rechten Unterbauch nicht aufhören, besonders wenn sie in der Magen- oder Bauchnabelregion begonnen haben
  • zusätzlich Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Unwohlsein bestehen.

Sofort ins Krankenhaus, wenn

  • die Schmerzen im rechten Unterbauch unerträglich stark werden
  • der Bauch sich hart anfühlt
  • sich der Zustand zunehmend verschlechtert.

Die Erkrankung

Die Bezeichnung „Blinddarmentzündung“ ist nicht ganz korrekt, da es sich um eine Entzündung des Wurmfortsatzes des Blinddarms und nicht des Blinddarms selbst handelt. Mehr als 5 % aller Menschen werden in Deutschland im Laufe ihres Lebens wegen einer akuten Blinddarmentzündung operiert, meist im Kindesalter.

Krankheitsentstehung

Obwohl sie so häufig vorkommt, ist noch immer nicht ganz geklärt, was die Entzündung auslöst. Ausgangspunkt der Entzündung ist wahrscheinlich eine Verlegung des Wurmfortsatzes, z. B. durch Abknicken des Blinddarms, durch ein verfestigtes Stück Stuhl, einen Fremdkörper oder den Befall mit Würmern. Da dann keine Darmsekrete mehr abfließen, erhöht sich der Druck auf die Darmwand, die zunehmend geschädigt wird und ihre eigentliche Barrierefunktion verliert. In der Folge wandern Bakterien in die Darmwand ein und verursachen eine Entzündung. Schreitet die Entzündung unbemerkt fort, platzt der Wurmfortsatz und die Entzündung breitet sich im ganzen Bauchraum aus; es droht eine Bauchfellentzündung (Peritonitis). Manchmal bleibt der Durchbruch auch auf die Umgebung des Blinddarms begrenzt und es bildet sich eine Eiteransammlung um den Wurmfortsatz herum (perityphlitischer Abszess) oder im tiefsten Abschnitt des Beckens (Douglas-Abszess). Beide Abszessformen müssen operiert werden.

Klinik

Es gibt keine eindeutigen Symptome für eine akute Blinddarmentzündung. Charakteristisch ist der Schmerzbeginn in der Magengegend oder um den Bauchnabel, wobei die Schmerzen innerhalb von einigen Stunden in den rechten Unterbauch wandern. Bei Kindern ist das wichtigste Symptom oft fehlender Appetit. Das Fieber steigt in der Regel nicht über 39 °C, und in 50 % der Fälle besteht eine Temperaturdifferenz von über 1 °C zwischen der Messung in der Achselhöhle und im Enddarm. Häufig treten Übelkeit und Erbrechen auf, Stuhlunregelmäßigkeiten sind selten.

Bei älteren Menschen sind die Krankheitszeichen oft nur gering ausgeprägt. Bei Schwangeren treten die Schmerzen durch Verlagerung des Blinddarms auch im rechten Ober- oder Mittelbauch auf.

Diagnosesicherung

Die Diagnose „akute Blinddarmentzündung" ist schwierig und erfordert viel ärztliche Erfahrung. Es kommen verschiedene Erkrankungen in Betracht, die ähnliche Beschwerden verursachen wie die Blinddarmentzündung. Die Diagnose basiert heute im Wesentlichen auf zwei Elementen:

  • Den Schmerzpunkten: Bei unklaren Bauchschmerzen tastet die Ärzt*in den Bauch vorsichtig ab und drückt auf bestimmte Punkte im rechten Unterbauch, die bei einer Blinddarmentzündung Schmerzen hervorrufen. Besonders charakteristisch ist der Loslassschmerz, der entsteht, wenn die Hand des Untersuchenden langsam den rechten Unterbauch eindrückt und dann rasch loslässt. Auch die Austastung des Enddarms ist für die Betroffenen schmerzhaft, ebenso der Druck auf einen Punkt im linken Unterbauch und der anschließende Loslassschmerz, das Ausstreichen des Dickdarms in Richtung Blinddarm sowie das Anheben des rechten Oberschenkels gegen einen Widerstand oder das Hüpfen auf dem rechten Bein.
  • Dem Bauchultraschall: Moderne Geräte erlauben in vielen Fällen die eindeutige Diagnose und schließen in anderen Fällen zumindest sonstige Erkrankungen als Ursache der Beschwerden aus.

Ist der Blinddarm z. B. durch vermehrtes Bauchfett (Übergewicht) oder Darmgasüberlagerung im Ultraschall nicht einzusehen, sichert ein CT die Diagnose.

Laborwerte, so z. B. Entzündungswerte wie CRP, ergänzen die Diagnostik.

Differenzialdiagnosen. Unterbauchschmerzen und eine erhöhte Temperatur sind Symptome, die auch bei vielen anderen Erkrankungen auftreten. Die wichtigsten Ausschlussdiagnosen sind der infektiöse Durchfall, Morbus Crohn, gynäkologische Erkrankungen wie Adnexitis, Eileiterschwangerschaft und Endometriose, sowie Nierensteine und die Hodentorsion. Bei kleinen Kindern gleichen die Beschwerden von bronchialen Infekten manchmal denen einer Blinddarmentzündung.

Behandlung

Behandlung bei Kindern

Bei Kindern ist die operative Entfernung des Wurmfortsatzes im Fall einer akuten Entzündung unumgänglich. Sie wird möglichst innerhalb von 48 Stunden nach Schmerzbeginn in Vollnarkose durchgeführt. Neben dem klassischen Bauchschnitt bevorzugen viele Chirurg*innen mittlerweile das minimal-invasive Verfahren über eine Laparoskopie (Bauchspiegelung). Meist ist mit einem Krankenhausaufenthalt von einer Woche zu rechnen. Danach gilt es, sich für einige Wochen zu schonen und auf das Tragen schwerer Lasten zu verzichten. Wenn eine sofortige Operation nicht möglich ist, wird zunächst mit Bettruhe und Antibiotika vorbehandelt und dann später operiert.

Behandlung bei Erwachsenen

Leiden Erwachsene an einer leichten Blinddarmentzündung, plädieren inzwischen einige Expert*innen dafür, zunächst unter stationärer Beobachtung eine Antibiotikatherapie einzuleiten. Studien weisen darauf hin, dass dies bei einer Mehrheit der erwachsenen Patient*innen ausreicht. Umstritten ist jedoch, ob sich dadurch das Risiko für eine Bauchfellentzündung erhöht. Bei starken Schmerzen und hohem Fieber gilt aber auch bei Erwachsenen: der Blinddarm muss raus.

1830_GTV_Blinddarm_Wurmfortsatz_Blinddarmoperation.png|Oben links: Da der Dünndarm mit einem Versatz in den Dickdarm mündet (rote Pfeile), bildet der Anfang des Dickdarms einen Blindsack, den Blinddarm (Caecum). Dieser besitzt an seinem tiefsten Punkt nochmals eine Aussackung, den Wurmfortsatz (Appendix vermiformis). Oben rechts: Durchführung der Blinddarmoperation: Im ersten Schritt werden die Blutgefäße des Wurmfortsatzes abgetrennt. Sodann wird der Wurmfortsatz an seiner Basis abgetrennt. Schließlich verschließt die Chirurg*in den Blinddarm sorgfältig. |[GTV 1830]|Anatomische Darstellung von Blinddarm und Wurmfortsatz sowie Vorgehen bei der Operation

Therapie des Blinddarmdurchbruchs

Beim Blinddarmdurchbruch wird sofort operiert; der Eiter wird abgesaugt und der Bauchraum gespült. Um eine Bauchfellentzündung zu verhindern, werden bereits zu Beginn der Operation und anschließend für mehrere Tage über Infusionen hochwirksame Antibiotika gegeben.

Behandlung von chronischen Verläufen

Wenn immer wieder leichte Schübe einer Blinddarmentzündung auftreten, empfehlen die Ärzt*innen häufig die operative Entfernung des Wurmfortsatzes in einem beschwerdefreien Intervall.

Komplikationen

Bei einer frühzeitigen Operation sind Komplikationen selten. Nach der Operation verkleben allerdings bei der Narbenbildung manchmal Darmschlingen miteinander oder es bilden sich Narbenstränge, die den Darm einengen (Briden, Darmschlingenverwachsungen). Im Extremfall kommt es zu einem Darmverschluss (Bridenileus), der eine erneute Operation zur Lösung der Verwachsungen notwendig macht.

Prognose

Die Prognose ist bei der unkomplizierten und operierten Blinddarmentzündung sehr gut mit nahezu nullprozentiger Sterblichkeit. Bei Komplikationen wie Blinddarmdurchbruch und Bauchfellentzündung beträgt die Sterblichkeit etwa 1 %. Prinzipiell haben ältere Patient*innen eine schlechtere Prognose.

Ihre Apotheke empfiehlt

Da bei einem Verdacht auf eine akute Blinddarmentzündung ein Blinddarmdurchbruch droht, muss die Patient*in sofort in ärztliche Behandlung.

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Was bringt den trägen Darm auf Trab?

Bei Verstopfung können die Sitzungen auf der Toilette lang werden.

Was bringt den trägen Darm auf Trab?

Tipps gegen chronische Verstopfung

Auch wenn eine chronische Verstopfung nicht lebensbedrohlich ist: Völlegefühl, Blähungen und schmerzhafte Toilettengänge schränken die Lebensqualität der Betroffenen oft erheblich ein. Entsprechend viele Selbsthilfe-Tipps kursieren - von Ballaststoffen über Bewegung, Biofeedback und Medikamente. Doch was hilft wirklich, um den Darm in Schwung zu bringen?

Frauen und Ältere besonders betroffen

Die chronische Verstopfung (Obstipation) ist weit verbreitet. Etwa 15% der Bevölkerung sollen darunter leiden, besonders häufig betroffen sind Frauen und ältere Menschen. Bis vor kurzem wurde die Erkrankung vor allem nach der Häufigkeit der Stuhlentleerung pro Woche definiert. Heute orientiert sich die Diagnose gleichermaßen an subjektiven Beschwerden und objektiven Kriterien. Als chronisch verstopft gilt, wer seit mindestens drei Monaten ohne Abführmittel nur selten weiche Stühle hat und unter zwei oder mehr der folgenden Beschwerden leidet:

  • klumpiger oder harter Stuhl (bei mehr als 25% der Stuhlentleerungen, gilt ebenso bei den folgenden Beschwerden)
  • starkes Pressen
  • subjektive unvollständige Entleerung
  • subjektive Obstruktion (das Gefühl eines Hindernisses im Darm)
  • Erleichterung der Entleerung mit den Fingern
  • weniger als 3 Stuhlgänge pro Woche.

Was bremst den Darm?

Warum der Darm bei manchen Menschen so träge ist, wird bisher nur in Ansätzen verstanden. Eine eindeutige Ursache liegt vor, wenn der Auslöser eine Krankheit ist. Dann spricht man von einer sekundären Obstipation. Das ist etwa der Fall bei

  • neurologischen Erkrankungen. Dazu gehören Nervenschädigungen, wie sie beim Diabetes vorkommen oder die Verletzung von Nervenbahnen durch Querschnittslähmung.
  • hormonellen Erkrankungen. Dazu zählen hormonelle Schwankungen in der Schwangerschaft oder der zweiten Zyklushälfte oder auch Hormonstörungen der Schilddrüse
  • chronischen Krankheiten wie Amyloidose oder Kollagenosen, die sich auch auf den Darm ausbreiten und ihn dadurch bremsen
  • Veränderungen, die die Entleerung direkt am Darmausgang erschweren. Dazu gehören Beckenbodenstörungen, der Analprolaps oder die Rektozele.

Liegt der Verstopfung keine Erkrankung zu Grunde, ist der Fall komplizierter. Theorien gibt es viele: So sollen faserarmen Kost oder Bewegungsmangel die Verstopfung verursachen. Auch eine zu geringe Flüssigkeitsaufnahme oder abrupte Änderungen der Lebensumstände werden oft für die Beschwerden verantwortlich gemacht. Allerdings gibt es bisher keine Studien, die diese Annahmen beweisen. Expert*innen gehen davon aus, dass die genannten Faktoren vor allem dann ein Auslöser sind, wenn Betroffene sowieso eine Veranlagung zur Verstopfung haben.

Hinweis: Verstopfung ist oft eine Nebenwirkung von Medikamenten. Das ist etwa der Fall bei einigen Antidepressiva (z. B. Amitryptilin, Moclobemid, Citalopram und Duloxetin), Hochdruckmedikamenten wie Betablocker und Kalziumkanalblocker, Entwässerungsmitteln und Opioiden. Auch Eisenpräparate und Protonenpumpenhemmer können verstopfen. Es lohnt sich also, die Präparate mit der Apotheker*in oder Hausärzt*in durchzugehen.

Was bringt den Darm in Schwung?

Auch wenn die Ursache für die Verstopfung nicht immer klar ist, gibt es doch erprobte Praxistipps gegen die Beschwerden. Die Basismaßnahme gegen Verstopfung ist ein geregelter Tagesablauf. Morgens sollte man in Ruhe frühstücken und danach den Toilettengang einplanen. Der Stuhlgang soll möglichst nicht unterdrückt werden – auch wenn es bisher keine Beweise dafür gibt, dass dies zu einer chronischen Verstopfung führt. An weiteren Allgemeinmaßnahmen empfehlen die Leitlinien:

  • Ausreichend trinken. Dafür reichen 1,5 bis 2 Liter am Tag. Mehr bringt nicht mehr, d.h. eine größeren Trinkmenge hat kein Effekt auf die Verstopfung.
  • Ausgewogen ernähren. Dazu gehören Quell- und Ballaststoffe, wie sie in Obst, Gemüse und Vollkornprodukten vorkommen. Sie lockern den Stuhl und beschleunigen die Darmpassage. Ein etablierter Richtwert sind etwa 30 g Ballaststoffe/Tag. In einem mittelgroßen Apfel stecken davon etwa 3 g.
  • Inaktivität vermeiden. Das gilt besonders für ältere Menschen. Dabei reichen die üblichen Alltagsaktivitäten aus, um den Darm in Schwung zu halten. D.h., nach dem Essen einen kleinen Spaziergang einzulegen, jede Möglichkeit zu gehen zu nutzen und nicht zu viel herumzusitzen. Mehr Bewegung mag aus anderen Gründen empfehlenswert sein, hat aber keine Auswirkung auf die Darmtätigkeit.

In vielen Fällen reichen diese Maßnahmen aber nicht aus, um den Darm bei chronischer Verstopfung wieder in Schwung zu bringen. Viele Menschen schaffen es auch nicht, die erforderliche Menge an Ballaststoffen über die Nahrung zu sich zu nehmen – die durchschnittliche Aufnahme liegt in Deutschland bei etwa 20 g. In diesen Fällen kommen zusätzliche Ballaststoffe wie Flohsamenschalen und Weizenkleie ins Spiel.

  • Flohsamenschalen sollte man täglich ein bis zwei Teelöffel zu sich nehmen. Diese werden in 200 bis 400 ml Wasser oder Saft angerührt. Man trinkt sie direkt oder nach kurzem Vorquellen. Eine Alternative sind pulverisierte Flohsamenschalen aus der Apotheke. Das Pulver ist feiner, leichter zu dosieren und z.T. mit Geschmacksstoffen angesetzt.
  • Auch Weizenkleie enthält viele Ballaststoffe. Pur schmeckt sie allerdings recht bitter. Am besten rührt man sie deswegen in Müsli, Quark oder Joghurt ein und lässt sie kurz quellen. 70 g Weizenkleie haben etwa 30 g Ballaststoffe in sich – also die empfohlene Tagesration. Bei der Dosierung sollten allerdings die über den Rest der Nahrung aufgenommenen Ballaststoffe berücksichtigt werden.

Sowohl für Weizenkleie als auch für Flohsamenschalen gilt: Die Ballaststoff-Booster müssen immer mit ausreichend Flüssigkeit eingenommen werden, damit sie nicht den gegenteiligen Effekt haben! Bei manchen Betroffenen lösen die ungewohnten Ballaststoffe außerdem Blähungen und Bauchschmerzen aus. In diesem Fall sollte man mit einer geringen Dosis starten und diese Tag für Tag steigern.

Tipp: Auch ballaststoffreiches Obst kann die Verstopfung lindern. Besonders geeignet sind Kiwi, Mango oder Pflaumen. Voraussetzung ist allerdings, dass davon täglich zwei Portionen (insgesamt 300 g) verzehrt werden.

Einen anderen Ansatzpunkt bieten Probiotika, also Präparate mit Mikroorganismen wie Milchsäurebakterien. Diese sollen die Zusammensetzung der körpereigenen Darmbakterien (Darmflora) verbessern und so die Verdauung verbessern. Tatsächlich unterscheidet sich die Darmflora von Patienten mit Verstopfung von der Darmflora gesunder Menschen. Dennoch ist unklar, ob dieser Ansatz wirklich funktioniert. In einigen Studien konnten Probiotika die Häufigkeit der Darmentleerung zwar steigern und die Stuhlkonsistenz verbessern. Insgesamt ist die Studienlage allerdings widersprüchlich. Ein Versuch mit Probiotika schadet jedoch nicht und ist deshalb durchaus zu erwägen. Ein Erfolg sollte sich spätestens nach vier- bis sechswöchiger Einnahme einstellen

Wenn Flohsamen und Kleie nicht reichen

Wenn „sanfte“ Methoden nicht greifen, helfen oft nur Medikamente. Welche Präparate sich eignen, ist zum Beispiel davon abhängig, ob die Betroffene unter Entleerungsstörungen leidet. Das bedeutet, dass der Stuhl zwar den Enddarm erreicht, der Stuhl aber nicht problemlos abgesetzt werden kann (z.B. durch Beckenbodenstörungen). Ist das nicht der Fall, sind Abführmitteln wie Makrogol, Bisacodyl und Natriumpicosulfat die erste Wahl:

  • Macrogol ist osmotisch wirksam (es zieht Wasser in den Darm) und wirkt auf diese Weise abführend. Es wird unverändert ausgeschieden und gilt als besonders verträglich.
  • Natriumpicosulfat und Bisacodyl regen die Darmbewegungen an. Außerdem fördern sie die Ansammlung von Wasser und Elektrolyten im Darm und machen dadurch den Stuhl weicher. Ihre Wirkung tritt sechs bis zwölf Stunden nach Einnahme ein. Für die Unterstützung des morgendlichen Stuhlgangs nimmt man sie abends zu sich. Als Nebenwirkung sind krampfartige Bauchschmerzen möglich.

Die genaue Dosierung ist sehr vom Einzelfall abhängig. Eine ausführliche und individuelle Beratung gibt es in der Apotheke. Übrigens: Auch eine Langzeittherapie ist Expert*innen zufolge ausdrücklich möglich. Zu der früher gefürchteten Gewöhnung mit Wirkverlust kommt es nur äußerst selten.

Bringen die genannten Präparate kein Ergebnis, empfehlen die Leitlinien folgende Wirkstoffe:

  • Anthrachinone stimulieren den Darm wie Bisacodyl. Bei ihrer Anwendung kann es zu starken krampfartigen Bauchschmerzen kommen, häufig verfärbt sich auch der Urin.
  • Zucker und Zuckeralkohole wie z. B. Lactulose wirken osmotisch und dadurch abführend. Bei manchen Menschen lösen sie starke Blähungen und Bauchschmerzen aus. Langfristig angewendet, können sie zu Störungen im Wasser- und Elektrolythaushalt führen.

Abführmittel lassen sich übrigens auch miteinander kombinieren. Vor allem bei Präparaten mit unterschiedlichen Wirkprinzipien sind die Erfolgschancen gut. Zur Frage, welche Kombinationen sinnvoll sind, gibt es Rat in der Apotheke oder bei der behandelnden Ärzt*in.

Hinweis: Alte Hausmittel wie Glaubersalz oder Bittersalz sollte man besser meiden. Hier drohen schwere Nebenwirkungen wie Darmlähmung oder Nierenschäden. Paraffinöl ist gefährlich, weil es oft versehentlich in die Lunge gelangt und dann schwere Lungenentzündungen auslöst.

Abführhilfe über den Enddarm

Lässt sich bei Entleerungsstörungen der Stuhl nicht problemlos absetzen, helfen Zäpfchen oder Klistieren. Zäpfchen werden dafür über den Anus eingeführt. Bei Klistieren gelangt der Wirkstoff als Einlauf über ein Kunststoffröhrchen in den Enddarm. Je nach Menge entstammt er einer kleinen Tube oder einer Flasche.

Bei Zäpfchen und Klistieren gibt es verschiedene Inhaltsstoffe. Sie alle wirken schnell, d.h. innerhalb von 15 Minuten bis einer Stunde nach Anwendung, haben aber unterschiedliche Ansatzpunkte:

  • Bisacodyl erhöht die Wandspannung im Enddarm und unterstützt dadurch die Entleerung.
  • Sorbitol wirkt osmotisch (wasseranziehend) und erweicht harten Stuhl.
  • CO2-Bildner und Glycerol stimulieren den Entleerungsreflex direkt.

Hinweis: Zäpfchen und Klysmen eignen sich nicht nur bei Entleerungsstörungen. Sie nützen auch bei der „normalen“ idiopathischen Verstopfung, vor allem in der Kombination mit Abführmitteln.

Verschreibungspflichtige Medikamente

Für schwere Fälle von Verstopfung gibt es verschreibungspflichtige Medikamente. Eines davon ist Prucaloprid, das die Darmbewegungen anregt. Es erleichtert damit die Stuhlentleerung und reduziert Blähungen. Als Nebenwirkungen drohen vor allem am ersten Behandlungstag Kopfschmerzen, Übelkeit und Durchfall. Dies legt sich ab dem zweiten Behandlungstag meist wieder.

Bei Patient*innen, bei denen selbst Prucaloprid nicht wirksam ist oder das Präparat nicht vertragen wird, kommt Linaclotid zum Einsatz. Dieser Wirkstoff führt dazu, dass die Darmschleimhaut Wasser und Chlorid in den Darm sezerniert. Dadurch wird der Stuhl weicher und leichter ausgeschieden. Außerdem lindert Linaclotid Bauchschmerzen und bessert Blähungen. Nebenwirkung sind milde bis mittelschwere Durchfälle. Linaclotid ist zur Behandlung der Verstopfung zugelassen, wird aber von den Kassen nicht erstattet. Die Patient*in muss die Behandlung deshalb selbst bezahlen.

Ebenfalls verschreibungspflichtig sind Naloxon und Methylnaltrexon. Diese Substanzen verordnet die Ärzt*in, wenn die Verstopfung auf einer Schmerztherapie mit Opioiden beruht und andere Maßnahmen nicht ausreichend helfen. Sie blockieren die (unerwünschte) verstopfende Wirkung der Opiate am Darm, ohne die schmerzlindernde zentrale Wirkung aufzuheben.

Biofeedback und andere komplementäre Verfahren

Nicht immer müssen es übrigens Medikamente oder andere Präparate zum Einnehmen sein. Beruht die Verstopfung auf Beckenbodenstörungen, empfehlen Expert*innen das Biofeedback. Hierbei lernt die Patient*in, den Schließmuskel besser zu koordinieren, d.h. zum richtigen Zeitpunkt zu entspannen. Mithilfe einer Analsonde und eines angeschlossenen Messgeräts lässt sich erkennen, ob der Schließmuskel entspannt (grünes Licht) oder angespannt (rotes Licht) ist, so dass die Patient*in lernt, beide Zustände bewusst herbeizuführen.

Und auch die Alternativmedizin hat einiges im Angebot, etwa die Akupunktur. Ob sie wirklich hilft, ist allerdings nicht ganz klar. Zumindest die Ohrakupunktur, elektrische Akupunktur und traditionelle Akupunktur waren in einigen Studien erfolgreich. Da keine ernsten Nebenwirkungen zu erwarten sind, spricht nichts dagegen, das Nadeln auszuprobieren.

Bauchdecken- und Kolonmassagen werden ebenso immer wieder zur Behandlung chronischer Verstopfung empfohlen. Man massiert dabei in Richtung Darmpassage, also unterhalb des Brustkorbes entlang des Dickdarms von rechts nach links und dann nach unten. Ergebnisse aus Studien legen allerdings nahe, dass die Massagen eher subjektiv wohltuend sind und keine messbare Wirkung auf die Stuhlentleerung haben. Beruht die Verstopfung auf einer Querschnittslähmung oder einer Multiplen Sklerose, können Kolonmassagen aber durchaus hilfreich sein.

Hinweis: Häufig wird die externe Elektrostimulation zur Behandlung von Verstopfung angeboten. Die aktuellen Leitlinien geben dazu aufgrund der eingeschränkten Datenlage jedoch keine Empfehlung.

Verstopfung mit dem Skalpell lösen?

Chirurgische Maßnahmen kommen nur bei schwerster Verstopfung in Frage. Der Eingriff ist drastisch: Chirurg*innen entfernen dabei den Dickdarm und verbinden den Dünndarm direkt mit dem Enddarm (Kolektomie mit ileorektaler Anastomose). Noch seltener eingesetzt wird die Sakralnervenstimulation über einen eingepflanzten „Darmschrittmacher“. Ob und welche Patient*innen von dieser Therapie profitieren, ist noch unklar.

Quellen: Leitlinie Obstipation

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Janis Blums/shutterstock.com